Stellungnahme für die Sammlung der Patchwork Gilde Deutschland e.V.
Olga Prins Lukowski - Autumn Glow
102 x 106 cm (H x B)
Seide, handgefärbte Baumwolle
Olga Prins Lukowski (* 1938) ist eine bekannte Persönlichkeit in der europäischen Quilt-Szene, seit sie in den 1990er Jahren in den Niederlanden die Stiftung „European Art Quilt Foundation“ gründete und seit 1997 insgesamt acht jurierte europaweite Wettbewerbe mit nachfolgenden Wanderausstellungen und ein abschließendes Invitational bis 2017 veranstaltete. Es ist ihr damit wie beabsichtigt gelungen, nicht nur eine Plattform für Art Quilts zu schaffen, um sie einem breiten Publikum quer durch die europäischen Länder vorzustellen, sondern es ist auch ein Beitrag, um den Bekanntheitsgrad dieser Form der textilen Kunst zu steigern und zu mehr Anerkennung zu verhelfen.
Von Anfang an ist Olga Prins Lukowski jedoch nicht nur als Organisatorin tätig, sondern nimmt als Mitglied der international besetzten Jurys stets auch mit eigenen Arbeiten an den European Art Quilts-Ausstellungen teil. Daneben hat sie weitere internationale (Solo-) Ausstellungen und wirkt als Jurorin bei anderen Wettbewerben mit, so dass sie in diesen Jahren das Quiltgeschehen auch prägt. Sie blickt damit auf einen sehr erfolgreichen Weg zurück.
Die ausgebildete Psychotherapeutin, Yoga- und Meditationslehrerin wendet sich dem Patchwork ab 1986 autodidaktisch zu und beginnt zunächst mit traditionellen Mustern. Es ist Michael James, der bekannte amerikanische Quiltkünstler und -lehrer, der sie zwei Jahre später zum künstlerischen Arbeiten ermutigt und sie vorwärts bringt. Ab diesem Moment konzentriert sich Olga Prins Lukowski in ihrem eigenen Schaffen auf die Arbeit in ihrem Atelier, studiert die Grundlagen, andere Künstler*innen und besucht Ausstellungen und Museen. Bis sie 1997 den Schritt zu den European Art Quilts-Wettbewerben macht, hat sich ihre Herangehens- und Arbeitsweise verändert und es entstehen bis etwa 2007 Art Quilts und auch Kleider, die ihre eigenen ausgefeilt-verschachtelten Muster in verschiedenen Variationen aufweisen.
„Autumn Glow“ („Herbstglühen“), 2001 entstanden, ist einer dieser Art Quilts, eine auf den ersten Blick erkennbar für sie typische Arbeit aus dieser Dekade, der auch in Ausstellungen wie der der renommierten Quilt-Triennale heraussticht, an der sie 2003 wie schon drei Jahre zuvor wieder als Jurorin teilnimmt und „Autumn Glow“ zeigen kann. Der Quilt zeichnet sich durch ein kompliziertes Muster aus, das in perfekter Technik gefertigt ist. Olga Prins Lukowski beschreibt ihr Verfahren, dem das Nähen auf Papier zugrunde liegt, in ihrem Buch „Mijn creatieve ontdekkingstocht“ (etwa: „Meine kreative Entdeckungsreise“). Aus einem vielteiligen Entwurf entwickelt sie zunächst einige völlig unterschiedliche Designs, aus denen die Auswahl getroffen wird. Durch bis ins Detail ausgearbeitete Deformierungen und andere Manipulationen sowie eine kontrastreiche Farbgebung wird am Ende eine atemberaubend ineinander verschachtelte schwungvolle Wirkung erzielt.
So treffen bei „Autumn Glow“ jeweils die Spitzen von sechs deformierten Dreiecken in unterschiedlichen Größen an je einem Punkt zusammen, wobei jedes Dreieck zusätzlich noch eine Binnenstruktur von spitzen Dreiecken aufweist, die auch verdreht angeordnet und in Schwarz und einer weiteren Farbe gehalten sind. Die Arbeit gewinnt hierdurch eine kraftvolle und lebendige Struktur und verfügt dennoch über einen Rhythmus, der sie nicht ungeordnet erscheinen lässt, sondern einer sanft bewegten Wasseroberfläche nahe zu kommen scheint.
Die Farbenpracht des Herbstes, die sich in einem Bergsee widerspiegelt, interpretiert Olga Prins Lukowski in ihrem eigentlich gegenstandslos aufgefassten Quilt „Autumn Glow“, dessen Komposition auf einen Hintergrund, Ränder oder etwa ein zusätzliches Quiltmuster verzichtet (und auch nicht braucht), sehr gekonnt. Bereiche mit warmen Farbtönen stehen kalten Farbtönen gegenüber, was dem maschinell in den Nähten gequilteten Werk eine zusätzliche Dynamik verleiht. Die helleren, überwiegend warmen Farben ziehen den Blick des Betrachters an und führen ihn über die fast quadratische Arbeit.
Ab etwa 2008 zeigt Olga Prins Lukowski andere Arbeiten, z.B. solche mit mehr geometrischen und farbenfrohen Mustern, die an Victor Vasarelys Op-Art-Kunst erinnernund auch Transparentes sowie Dreidimensionales. Einen guten Einblick gibt die Website der Künstlerin und vor allem der Katalog „European Art Quilts – Grande Finale“ (2017), der durch viele Ausstellungsansichten aus dem Historisch Museum de Bevelanden – Oudemanhuis – in Goes (NL) auch dokumentiert, wie Olga Prins Lukowski ihre einstigen Wanderausstellungen durch ein gelungenes Ausstellungs-Design wirkungsvoll in Szene setzt.
Alles in allem darf sich die Patchwork Gilde Deutschland e.V. über eine solche Schenkung glücklich schätzen, die die Sammlung nicht nur durch eine hochwertige Arbeit bereichert, sondern auch ein exzellentes Beispiel dafür darstellt, wie sich Art Quilts in Deutschland und Europa zwischen 1997 und 2007 entwickeln.
Quellen:
Olga Prins Lukowski: Mijn creatieve ontdekkingstocht (Eigenverlag, ca. 2007, zweisprachig niederländisch/englisch)
Ausstellungskataloge European Art Quilts I – VIII (1997 - 2014) sowie European Art Quilts – Grande Finale (2017)
Ausstellungskataloge der 1. und 2. Europäischen Quilt-Triennalen (2000, 2003)
www.olga-prins-lukowski.nl
Gudrun Heinz, Mai 2019