Stellungnahme für die Sammlung der Patchwork Gilde Deutschland e.V.
Heidi Förster: Rosenrot
ausgestellt bei Tradition bis Moderne IX (2011)
109 x 90 cm (H x B)
handgefärbte Baumwolle
Stoffstreifen unsichtbar auf Hintergrund gequiltet
Nach ihrem Studium der Architektur, das sie als Dipl. Ing. abschließt, den Jahren der Berufstätigkeit als Architektin und der Familienzeit, wendet sich Heidi Förster (geb. 1940) ab 1971 der Beschäftigung mit textilen Techniken zu, unternimmt ab 1983 erste Quiltversuche, bildet sich bei namhaften Kursleitern, wie z.B. Michael James, Pauline Burbridge oder Dorle Stern-Straeter fort und erteilt später selbst Unterricht.
Seit den Achtziger Jahren ist Heidi Förster mit ihren Quilts in zahlreichen nationalen wie internationalen jurierten Ausstellungen sowie mit Personalausstellungen vertreten und wird in der Szene mit ihren eigenen Entwürfen sehr gut bekannt. Ihre stets technisch perfekt
ausgeführten Art Quilts zeichnen sich aus durch ein üppiges Farb- und Formenspiel, durch raffiniert eingesetzte geometrische Elemente und reiche Oberflächenstrukturen, indem sie speziell offene Kanten (seit 1991), Faltungen und Verschneidungen dazu nutzt, die traditionell
eindimensionalen Quiltoberflächen in die dritte Dimension zu erweitern.
Ihr Quilt „Rosenrot“, mit dem sie an der Tradition bis Moderne IX (2011) teilnimmt, besteht ganz aus handgefärbten, mehr oder weniger charakteristisch changierenden Baumwollstoffen, im Wesentlichen aus einer ganzen Palette von vielen Rot- und einigen Grüntönen.
Die Stoffe sind in schmalste Streifen geschnitten; diese verlaufen horizontal über den Quilt und sind – wie sie selbst angibt – „unsichtbar auf den Hintergrund gequiltet“, so dass sie sich vom Grund aufrichten, was dieser Arbeit, zusammen mit den offen gebliebenen, teils ausfransenden Schnittkanten, zu einer reizvollen Oberflächenstruktur verhilft – wenn dies für einen Art Quilt im 2
Jahr 2011 auch keine neu auftauchenden Gestaltungsmittel sind, so werden doch textile Eigenschaften geschickt genutzt und Heidi Förster bleibt sich damit treu.
Die Streifen bilden von oben nach unten einen subtilen Farbverlauf von orangeroten zu einem dunklen Rotton. Unterbrochen wird diese ruhig wirkende rote Fläche von einem farblich abgesetzten und mittig platzierten schmalen Längsstreifen, der die 109 x 90 cm große Arbeit
etwa im Verhältnis 3:2:3 aufteilt. Dieser Mittelstreifen ist zwar in gleicher Weise gearbeitet, jedoch verläuft sein Farbübergang in
umgekehrter Richtung von dunkel nach hell. Hier gesellen sich zudem grüne unter die roten Töne und bei näherem Hinsehen sind auch einige Gelb- und Blautöne zu entdecken, die den rot-grünen Komplimentärkontrast abmildern. Außerdem sind die Farbtexturen der hier eingesetzten Stoffe kräftig und stellen ein belebendes Gestaltungsmittel dar.
Die sachlich-elegante Arbeit besticht auf den ersten Blick durch ihre formale Strenge, durch eine auf geometrische Formen, nämlich langgezogene rechteckige Flächen reduzierte Komposition und durch ihre Kontraste in Form und Farbe. Auf den zweiten Blick wird dies zwar nichtaufgehoben, aber wieder entschärft. Dahinter steckt nämlich ein gekonntes Spiel
∙ mit verschiedenen Streifen – ganz schmale im Quer- und die kompakten im Längsverlauf –
∙ mit subtilen Farbabstufungen im Bereich der roten seitlichen Streifen – die diese Flächen beruhigen und ihnen den Hintergrund zuweisen –
∙ und mit dem durch die grünen, gelben und blauen Elemente lebhaft wirkenden Mittelstreifen – der dadurch und die gegenläufige Hell-Dunkel-Anordnung in den Vordergrund tritt.
Trotz des kräftigen, die Arbeit dominierenden Rots zieht dieser Mittelstreifen den Blick des Betrachters aus der Distanz an. Aus der Nähe betrachtet gehen die schmalen Querstreifen, die sich wie die Blütenblätter einer Blüte öffnen, schon ins Dreidimensionale und zusammen mit den hängenden Fädchen der ausfransenden Schnittkanten lockern auch sie die schnörkellose Strenge wieder etwas auf. Weiteres Beiwerk braucht dieser Quilt nicht.
Und auch mit dem Titel „Rosenrot“ könnte Heidi Förster ein kleines Verwirrspiel gelingen: Zwar entsprechen die Farben durchaus einem Rosenbeet in voller Blüte – wo sind aber die organischen Formen? Sie sind in ihrer individuellen Handschrift gehalten, einem Stil, der sich durch ihre Werke über die Jahrzehnte hindurchzieht und zu ihrem Erkennungszeichen geworden ist.
Das Werk stellt einen würdigen Beitrag zur Sammlung der Patchwork Gilde Deutschland e.V.
dar.
Quellen:
Tradition bis Moderne IX (2011), Ausstellungskatalog
www.heidi-foerster.de
Gudrun Heinz, Februar 2016